Wenn es um Klimaschutz und Nachhaltigkeit geht, gibt es oft zwei Meinungen: Die einen setzen auf grünes Wachstum, also eine nachhaltige Wirtschaft, die Umwelt und Wohlstand vereint. Die anderen sagen, dass echter Klimaschutz nur durch Verzicht möglich ist – weniger Konsum, weniger Reisen, weniger von allem. Aber ist es wirklich so schwarz-weiß? Ich glaube, die Wahrheit liegt – wie so oft – in der Mitte.
Die Illusion des grünen Wachstums
Grünes Wachstum klingt verlockend: Die Wirtschaft soll weiter wachsen, aber auf eine nachhaltige Weise. Durch erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft und technologische Innovationen sollen wir klimaneutral und trotzdem wohlhabend bleiben. Klingt doch super, aber würde das auch wirklich in der Realität so gut funktionieren?
Oft vergessen wir, dass auch erneuerbare Technologien Ressourcen verbrauchen. Batterien für E-Autos brauchen seltene Rohstoffe, Solaranlagen benötigen große Flächen und auch Recycling verbraucht Energie. Zudem wird immer noch konsumiert, nur „grüner“. Doch ein nachhaltig produziertes T-Shirt ist immer noch ein Produkt, das hergestellt werden muss. Wer also glaubt, dass grünes Wachstum ganz ohne Nachteile funktioniert, liegt falsch.
Die Schattenseite des Verzichts
Auf der anderen Seite gibt es die Bewegung des bewussten Verzichts. Weniger Fleisch essen, weniger fliegen, weniger kaufen – all das hilft definitiv der Umwelt. Aber ist es für alle umsetzbar? Nicht jeder kann es sich leisten, im teuren Bioladen einzukaufen oder in einer Stadt mit gutem Nahverkehr zu wohnen. Zudem ist Verzicht eine harte Botschaft, die viele abschreckt. Wer will schon freiwillig auf Komfort verzichten, wenn es keine direkte Not gibt?
Ganz ohne Wachstum oder Innovation wird es auch nicht gehen. Wer auf erneuerbare Energien umsteigt, aber auf technische Fortschritte verzichtet, landet schnell im Steinzeitalter. Eine komplette Schrumpfung der Wirtschaft hätte massive soziale Folgen: Arbeitslosigkeit, Armut und Unsicherheit. Das kann nicht die Lösung sein.
Der goldene Mittelweg
Ich glaube, der einzig sinnvolle Weg liegt irgendwo dazwischen. Ja, wir brauchen Wachstum, aber intelligentes Wachstum. Innovationen, die wirklich nachhaltiger sind und weniger Ressourcen verbrauchen. Ja, wir müssen verzichten, aber bewusst und dort, wo es Sinn ergibt. Nicht jeder muss gar nicht mehr fliegen, aber vielleicht seltener. Nicht jeder muss völlig vegan leben, aber weniger Fleischkonsum wäre ein Anfang.
Es geht nicht darum, alles auf einmal zu verändern oder in Extreme zu verfallen. Kleine Schritte bringen mehr als radikale Vorschläge, die in der Realität kaum umsetzbar sind. Statt Verbote und Schuldgefühle zu verbreiten, sollten wir Anreize für nachhaltiges Verhalten schaffen.
Denn am Ende geht es nicht um „Wachstum oder Verzicht“, sondern darum, vernünftige Entscheidungen zu treffen, die langfristig für alle funktionieren.
Emma Harfmann (8O), 06.03.2025